Wenn Verstöße gegen vertragliche Pflichten (vermeintlich) vorliegen, die eine Vertragspartei nicht hinnehmen will, muss in den meisten Fällen eine Abmahnung ausgesprochen werden. Wer Vertragsverstöße zum Anlass nehmen will, den Vertrag einseitig zu lösen, muss dem Vertragspartner zuvor die Folgen seines vertragswidrigen Verhaltens vor Augen führen (Rügefunktion) und deutlich machen, dass die vertraglichen Beziehungen im Wiederholungsfall beendet werden ‑ er muss den Vertragspartner warnen (Warnfunktion). Die Abmahnung verbindet die Rüge- und Warnfunktion. Mit ihr rügt man konkretes Fehlverhalten und warnt mit der Kündigungsandrohung vor weiteren Verstößen.
Sehr häufig ist eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung unwirksam, da einer Abmahnung bei einem Vertragsverstoß gegenüber der Kündigung als milderes Mittel der Vorzug zu gewähren ist.
Eine Abmahnung ist formfrei, kann also auch mündlich ausgesprochen werden. Zum Zweck des Nachweises ist jedoch eine schriftliche, zumindest textliche, Abmahnung zu empfehlen.
Abmahnungsberechtigt ist jeder, der der betroffenen Vertragspartei gegenüber weisungsbefugt ist.
Neben einer Rüge des genau bezeichneten Fehlverhaltens ‑ Rügefunktion ‑ muss eine Abmahnung einen Hinweis enthalten, wonach im Wiederholungsfall Bestand oder Inhalt des Arbeitsverhältnisses gefährdet sind.
Zudem muss eine Abmahnung verhältnismäßig sein.
Vor Übernahme einer Abmahnung in die Personalakte ist die betroffen Vertragspartei anzuhören. Dies folgt aus § 241 II BGB. Damit soll der betroffenen Partei die Möglichkeit der Stellungnahme auf den Vorwurf eingeräumt werden.
Zusammenfassend soll eine Abmahnung die betroffene Partei anhalten, sich künftig vertragstreu zu verhalten und muss deshalb auch arbeitsrechtliche Konsequenzen bei künftigem Verstoß androhen. Sollte ein weiterer Vertragsverstoß bekannt werden, kann die vorherige wirksame Abmahnung dazu führen, dass der (neue) Vertragsverstoß eine fristlose Kündigung stützt.
Wer eine Abmahnung erhält und diese für unberechtigt hält, steht oftmals vor der Frage, was nun zu unternehmen sei.
In Betracht kommen grundsätzlich 3 Wege.
- Alternative: Einfach zur Kenntnis nehmen, Zähne zusammenbeißen und das Arbeitsverhältnis unverändert fortsetzen.
Vorteil: Das Arbeitsverhältnis wird nicht durch eine Streitigkeit belastet. Es droht auch kein Verlust etwaiger Gegenrechte. Falls doch eine Kündigung nachfolgen sollte, wird in aller Regel die Wirksamkeit der Abmahnung in einem späteren Kündigungsschutzverfahren inzident überprüft. Hier können dann alle Gegenargumente vorgetragen werden. Zudem wird mit größerem Zeitablauf bei vertragstreuer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die Auswirkung einer Abmahnung (Warnfunktion) schwächer und entfällt irgendwann, je nach Art der gerügten Pflichtverletzung.
Nachteil: Die bloße Hinnahme der Abmahnung und deren Aufnahme in die Personalakte erscheint zunächst unbefriedigend und als Makel.
- Alternative: Entfernung der Abmahnung verlangen und ggf. einklagen
Vorteil: Es wird geklärt, ob die Abmahnung wirksam oder unwirksam ist. Nach einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung besteht Rechtsklarheit.
Nachteil: Das Arbeitsverhältnis wird durch die streitige Auseinandersetzung vor einem Gericht weiter belastet. Das Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens kann oftmals nicht mit höchster Sicherheit vorausgesagt werden. Falls die Wirksamkeit der Abmahnung bestätigt wird, hat diese noch mehr Gewicht. Im Fall der Unwirksamkeit der Abmahnung erfährt die ausstellende Partei, wo der Fehler liegt und kann eine künftige Abmahnung korrekt erstellen.
- Alternative: Gegendarstellung schreiben und zur Personalakte beifügen
Vorteil: Es werden zeitnah die bestehenden Gegenargumente und entlastende Faktoren benannt und zur Personalakte genommen, ohne dass eine streitige Auseinandersetzung erforderlich ist zwischen den Parteien. Bei einem etwaigen späteren Kündigungsschutzverfahren ist durch die Gegendarstellung der Sachverhalt noch präsent und kann vom Gericht geprüft werden, falls dies entscheidungserheblich sein sollte.
Nachteil: Eine verbindliche Rechtsklarheit zur Un-/Wirksamkeit der Abmahnung wird hierdurch nicht erreicht.
Empfehlung
Meist ist von anwaltlicher Seite der letzte der vorbenannten Wege zu empfehlen. Hintergrund ist dabei im Wesentlichen, dass hierdurch zunächst das Arbeitsverhältnis nicht weiter gefährdet wird und die Berechtigung der Abmahnung in einem etwaig späteren Kündigungsschutzverfahren jederzeit auch gerichtlich geprüft werden kann.
Sollten Sie hierzu Fragen haben, stehen wir Ihnen in unserer Chemnitzer Kanzlei gern zur Verfügung. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.