Viele Arbeitnehmer*innen leisten viel auf Arbeit und gar manches Mal Überstunden. Nun ist bekannt, dass Geschäftsführer*innen als vertretungsberechtigte Organe einer Gesellschaft keine Arbeitnehmer*innen sind. Lässt dies den Rückschluss zu, dass Geschäftsführer*innen keine Überstunden leisten?
Wenn die Frage verneint werden würde, könnte der für Überstunden entstehende Vergütungsanspruch bzw. –anteil auf einem Arbeitszeitkonto „gespart“ werden oder gar auf einem sogenannten Zeitwertkonto.
Auf einem Zeitwertkonto wird das Entgelt für Arbeitszeiten (Wertguthaben) über einen längeren Zeitraum angespart und vom Ersparten (nebst Zinsen oder Gewinnen) eine (spätere) vorzeitige Freistellung von der Arbeitspflicht bezahlt. Klingt doch gut, oder?
Wenn dann noch der Gedanke der Steuerersparnis hinzukommt leuchten bei manchen Geschäftsführer*innen die Augen auf. Denn wenn für die Entgeltzahlungen auf ein Zeitwertkonto keine Steuern zu zahlen sind, ist der Spareffekt größer.
Das alles hängt aber von der Antwort auf die Frage ab, ob Geschäftsführer Überstunden leisten.
Diese Frage musste – nicht ein Arbeitsgericht, sondern – ein Finanzgericht klären. Auf das Rechtsmittel der Revision hin, kam die Frage zum Bundesfinzanzhof (Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15). Dieses führte im Leitsatz aus:
- “ Eine Vereinbarung, in welcher im Rahmen eines sog. Arbeitszeitkontos oder Zeitwertkontos auf die unmittelbare Entlohnung zu Gunsten von späterer (vergüteter) Freizeit verzichtet wird, verträgt sich nicht mit dem Aufgabenbild des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH. Dies gilt auch, wenn die Gutschrift während der Ansparphase nicht in Zeiteinheiten, sondern in Form eines Wertguthabens erfolgt.
- Die für Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto einkommensmindernd gebildeten Rückstellungen führen bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zeitgleich die Auszahlung des laufenden Gehalts des Gesellschafter-Geschäftsführers um diesen Betrag vermindert wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrachtungsweise.“
In den Entscheidungsgründen wird weiter ausgeführt:
- „Der Geschäftsführer muss sich regelmäßig in besonderem Maße mit den Interessen und Belangen der von ihm geleiteten Gesellschaft identifizieren. Er besitzt für die GmbH eine „Allzuständigkeit“ und damit eine Gesamtverantwortung, wenn er –wie im Streitfall– deren alleiniger Geschäftsführer ist. Es kommt deshalb weniger darauf an, dass der Geschäftsführer eine bestimmte Stundenzahl pro Arbeitstag für die Gesellschaft leistet. Vielmehr bestimmt der Geschäftsführer regelmäßig seine Arbeitszeit selbst. Dies bedeutet auch, dass er –abgegolten durch die Gesamtausstattung– die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus erfordert.“
In verständlichem Deutsch:
Ein/e Gesellschafter-Geschäftsführer*in muss kraft der Stellung und des Amtes so viel arbeiten, dass keine Überstunden anfallen, welche auf einem Arbeitszeitkonto oder Zeitwertkonto angespart werden könnten für spätere Zeiten.
Haben Sie Fragen rund um Verträge mit Geschäftsführer*innen und deren Beendigung, können Sie sich gern an unsere Kanzlei wenden.
Sind Geschäftsführer von gemeinnützigen Vereinen (hier Trägerbetrieb von Kitas und Horten) den Geschäftsführern einer GmbH bzgl. dieser Überstundenregel gleichgestellt?
Nein. In aller Regel haben Geschäftsführer in Vereinen keine so herausragende Führungsrolle wie ein Gesellschafter-Geschäftsführer. Dennoch kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an, ob Überstunden durch Geschäftsführer*innen entstehen bzw. durch Pauschalzahlungen abgegolten sein können.