In vielen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen kommt es zu dem Punkt, in dem ein Arbeitgeber meint, einen Arbeitnehmer versetzen zu müssen, entweder in eine andere Abteilung oder sogar an einen anderen Ort, ggf. auch an das andere „Ende“ Deutschlands.
Grundsätzlich besteht ein Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Dieses Weisungsrecht findet jedoch seine Grenze in der Billigkeit der Weisung, d.h. die Interessen des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen und abzuwägen. Meint nun ein Arbeitnehmer, dass die Versetzung unbillig (unzumutbar) und deshalb unwirksam sei, stellt sich die Frage, wie der Arbeitnehmer sich verhalten soll. In jedem Fall kann der Streit über die Wirksamkeit einer Versetzung vor den Gerichten ausgefochten werden. Doch was geschieht in der Zeit bis zur gerichtlichen Entscheidung.
Falls der Arbeitnehmer der Versetzung nicht folgt, riskiert er nach der Rechtsprechung des 5. Senates des Bundesarbeitsgerichtes seinen Arbeitsplatz. Denn der 5. Senat sagt, dass ein Arbeitnehmer so lange der Versetzung Folge leisten müsse, bis ein Gericht über deren Un-/Wirksamkeit entschieden habe. Der Arbeitnehmer trägt in diesem Fall das Risiko, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, falls er der Versetzung nicht folgt – auch wenn diese unbillig und unwirksam ist.
Hiervon will nun der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichtes (Beschluss vom 14. Juni 2017 – 10 AZR 330/16) abweichen, denn dieser meint, dass das Risiko der Arbeitgeber tragen soll. Insoweit könnte dann ein Arbeitnehmer einer unbilligen Versetzung nicht folgen, ohne seinen Arbeitsplatz zu riskieren. Endgültig hat der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichtes aber noch nicht entschieden, sondern es fragt den 5. Senat an, ob dieser seine bisherige Rechtsauffassung aufgibt.
Sollte der 5. Senat dem folgen, ändert sich die Risikoverteilung erheblich zu Lasten der Arbeitgeber und zu Gunsten der Arbeitnehmer. Beharrt der 5. Senat hingegen auf seiner Auffassung, muss der Große Senat hierüber entscheiden – was eine Weile dauern kann.
Insoweit ist im Moment noch nichts klar und betroffenen Arbeitnehmern ist weiterhin zu empfehlen, vorsorglich der Versetzung Folge zu leisten, wenn der Arbeitsplatz nicht gefährdet werden soll.
Update 19.09.2017:
Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichtes hat laut Pressemitteilung Nr. 37/17 mitgeteilt, dass er an der früheren Auffassung nicht mehr festhält. Nun kann der 10. Senat entscheiden.